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08 Loslassen: Gib auf! Aber mach es richtig. Dann wird es Dein Weg nach oben.


von Achim Feige

Liebe Transformers, liebe Co-Creators, liebe Gestalterinnen und Gestalter einer neuen Zeit!

Es gibt diese Momente, da geht alles schief und nichts mehr scheint zu funktionieren. Wir Deutschen erleben kollektiv gerade so einen Augenblick. Das renommierte Londoner Magazin The Economist schrieb gerade auf der Titelseite: “Is Germany the sick man of Europe again?” 

Die Wirtschaft steckt fest, die Prognosen sind düster, das Land hat den Optimismus verloren. Deutschlands Schulen bekommen die schlechtesten Werte seit Jahren, nur noch 27 Prozent der Deutschen vertrauen ihrem Bildungssystem – das fand das Ifo-Institut diese Woche heraus. Die deutschen Frauen sind bei der Fußball-WM in der Vorrunde rausgeflogen, und die deutschen Leichtathleten haben bei ihrer WM überhaupt nichts erreicht – zum ersten Mal gab es keine einzige Medaille. Die Bahn kommt zu spät und unsere Regierung ist uns peinlich. So schwach standen wir lange nicht mehr da.

Manchmal scheint alles falsch zu laufen und dann versinkt auch noch das Festival “Burning Man” im Schlamm. Früher mal wegweisend – jetzt eine Katastrophe – das können nicht nur wir Deutschen.

Jetzt die gute Nachricht: Es ist großartig, wenn das Schicksal uns in solche Situationen wirft. Denn in ihnen steckt eine Lehre, die wir sowieso verstehen müssen.

Es geht um die Frage, wie reagierst Du, wenn die Krise Dich packt? Machst Du weiter wie bisher und hoffst das Beste? Vielleicht kommst Du damit auf einem mittleren Niveau durch. Aber reicht das? Ignorierst Du sogar die Stürme und Gewitter da draußen und weigerst Dich, das Problem zu sehen? Dann setzt Du Dich der Gefahr aus, mit der alten Ordnung unterzugehen.

Burning Man versinkt im Schlamm. Du musst das nicht!

Oder aber Du bist bereit, Dir jetzt einen Ruck zu geben und Dich auf den Weg in das Ungewisse zu machen – das heißt auch, Deine große Chance möglicherweise zu ergreifen.

Dazu habe ich einen Rat: Gib auf!

Aber mach es richtig. Lass ganz los. Lass das Alte gehen und schau hin, was nun ist. Nimm das lateinische Wort ernst: Resignation. Drin steckt auch das Neue schon drin, es ist das Wieder-Unterschreiben. Re-Signation heißr also auch, neuen Deal mit sich machen. Einen neuen Vertrag eingehen und auf neuer Basis weiterreisen.

Ich gebe Dir als Mantra vier Fragen mit:

Was stirbt?

Was wächst?

Was lasse ich bewusst gehen?

Was erobere ich mir?

Sie helfen Dir beim Blick nach vorn. Es ist gut, wenn Du ihn wagst! Alles andere wäre immer noch am Alten festhalten. Ich weiß, dass der Aufbruch mit Angst und Unsicherheit verbunden sein kann. Das geht uns alles so in solchen Momenten. Loslassen tut weh. Vielleicht brauchst Du einen sicheren Rahmen für diese Umstellung. Ein Retreat, einen vertrauensvollen Begleiter, bei dem Du Dich ganz unverstellt zeigen kannst.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang gern an den Hummer – als Metapher für uns in solchen Lebenslagen. Ein Hummer muss immer wieder seinen Panzer abwerfen. Er ist dann verletzlich, eigentlich in äußerster Gefahr.  Er ist angreifbar und total ungeschützt ohne Panzer, muss ihn aber abwerfen,  sonst gibt es kein Wachstum in seinem Leben. Beim europäischen und amerikanischen Hummer wurde beobachtet, dass während der Häutung andere Artgenossen in der Nähe des schutzlosen Hummers bleiben, um ihn im Ernstfall zu verteidigen. Sie sind soziale Tiere. So wie wir. Schwächen gehören zum Leben derjenigen, die eine echte Transformation schaffen wollen.

Wer sich helfen lässt, lernt schneller

Wenn Du den Weg über ein Retreat gehst, also Einkehr vor dem großen Wandel, gibt es einige Techniken, die mehr Einfühlung und Self-Care bringen. Körperübungen, Bio-Feedback, Breathwork – Du machst dich bewusster, öffnest dich, kannst alte Muster besser erkennen und gehen lassen. Im Körper stecken viele Antworten, das ist für uns in der Transformativen Klasse eine Grunderkenntnis. Geht man auf diese Art an die Herausforderungen, wird oft alles viel leichter.

Es hilft auch, den ganzen Weg im Blick zu behalten. Unsere Position in dem Dreieck aus Waking Up – Growing Up – Showing Up. Ich sehe darin eine Reise, quasi eine Wanderung über einen Berg. Die Situation in der wir nun stecken, ist: Ich komme vom Berg runter, übe mich nun in “Sensemaking”. Ich stelle die Dinge in einen neuen Zusammenhang. Dabei geht es immer um die Frage: Was muss ich loslassen, was bleibt am Berg? Manches wird gehen müssen, damit Platz für das Neue entsteht. Deswegen nenne ich diesen Punkt unserer transformativen Reise auch die Katharsis – die Reinigung.

Transcend and Include, so lautet ein Satz aus der integralen Philosophie des Denkers Ken Wilber. Überschreite, und beziehe dann wieder ein. Löse Dich zuerst, und kombiniere dann die Elemente wieder neu zusammen. Ich meine: Wenn man Neues will, erkennt man auch Neues. Dazu ein Beispiel aus der persönlichen Entwicklung: Wenn Jugendliche erwachsen werden, sehen sie irgendwann, dass es noch mehr gibt außer den Eltern. Andere Meinungen, andere Haltungen, andere Autoritäten. Sie müssen dann auch loslassen und sie differenzieren die Welt neu. Zuerst geschieht das meist in Abstoßung vom Alten. Man will dann alles anders machen. Womöglich entwickelt man Ablehnung – für einige Zeit. Später wird man die Eltern wieder mit neuen Augen sehen, seinen Herkunft wieder annehmen und das Gute daran akzeptieren. Aber eben auf neue, erwachsene Art.

Die große Gefahr, die wir zurzeit viel sehen, ist das Verharren in der totalen Ablehnung. Die Woke-Szene funktioniert im Wesentlichen so. Alles Alte wird verteufelt. Ich habe kürzlich in einem Lifestyle-Magazin einen Artikel gelesen, in dem sogar der große Komiker Loriot als kleinbürgerlicher Rassist verdammt wurde (was er natürlich niemals war). So schießt man über das Ziel hinaus und zertrümmert alles, so verfällt man ganz in ein binäres Prinzip: Seine eigene Weltsicht absolut zu setzen. Das ist nicht unser Weg. Die “Big Mind” – unser großes Ziel einer erneuerten und erweiterten Geisteshaltung – hält immer beide Seiten, kann Widersprüche ertragen, kann sich ein unvoreingenommenes Bild der Welt machen. Alte Strukturen können dann immer noch aufgebrochen werden – aber unter Wertschätzung des anderen, nicht mit Hass.

Die andere Gefahr ist das Anklammern an das Alte, das eigentlich gehen muss. Warum ist Deutschland “Wachstumsschlusslicht” in Europa? Wir hängen an der alten Welt fest. Wir lassen uns nicht mehr überraschen, probieren nicht mehr unvoreingenommen etwas Neues. Wir glauben, dass man Komplexität mit noch mehr Normen regelt. Wir wollen den Denkfehler bisher nicht sehen. Wir müssen noch Loslassen lernen. Dabei geht es nicht darum, alles abzuwerten. Es ging lange gut, und hat seinen Wert, aber die Zeiten sind vorbei.

Das gilt auch für jede einzelne Person, auch, wenn wir auf uns selbst schauen: Es ist gut, wie ich früher war. Auch das kann man wertschätzen, und sollte es nicht diskreditieren. Wir sind immer die Repräsentanz unserer Kultur, unserer Vorfahren, der Vergangenheit des Sozialsystems. Es ist nicht schlecht, dazu gehört zu haben. Aber es ist gut, zu merken, dass etwas nicht mehr passt. Dass wir einzelne Verbindungen neu codieren müssen. So werden wir ein post-kathartic leader.

Ohne die Resignation geht es nicht. Wir müssen lernen, gut zu resignieren. Vielleicht müssen wir weinen, durch Trauer gehen, Schmerzen ertragen. Ohne das ist keine Transformation möglich. Die Buddhisten sagen: Man stirbt in das Leben hinein.

Schau der Krise ins Auge und löse Dich von alten Mustern

Solange Du das nicht machst, wiederholst Du Deine alten Muster immer wieder. Egal, ob es um den Job geht, um die Beziehung, um den Freundeskreis. Wer sich der Transformation nicht wirklich stellt, ändert nur äußerlich etwas. Dann sind die Partner und die Arbeitsplätze vielleicht andere. Aber die Probleme bleiben. Es ist wie im Hollywood-Film: Der Held hat eine tiefe Krise, muss durch ein tiefes Tal, kommt dafür umso strahlender wieder heraus, steigt in umso größere Höhen.

Die tiefe Krise ist der Punkt, der in meinem Diagramm (siehe oben) mit “Fucking Up” bezeichnet wird. Das ist das Scheitern. Wir werden mehr als einmal durch das Scheitern gehen. So ist es eben mit neuen Wegen: Du kannst es ja nicht gleich schaffen, es ist ja neu. Wir werden erst über kleine Experimente Sicherheit in der neuen Realität finden. Werden kleine Schritte unternehmen. Und dann werden wir einen echten Ausweg nach oben finden (das symbolisiert die orangefarbene Linie). Das wird unser Showing Up: Wir sind da! Als neue, größere Version unserer selbst!

Am Ende können wir dann das veraltete Betriebssystem ablegen und sozusagen ein neues installieren. Du musst Dich nur noch fragen, was Dir im Weg steht. Wie viele Niederlagen steckst Du noch ein, bevor Du aufwachst? Was machst Du Dir vor nicht zu wissen? Die Antworten sind da. Jetzt fehlt nur noch der Entschluss. Lass los! 

Dein
Achim