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02 Der erste Schritt: Vom Anpasser zum Selbstautor


von Achim Feige

Liebe Transformers, liebe Co-Creators, liebe Gestalterinnen und Gestalter einer neuen Zeit!

Viele von uns wollen in der großen Transformation eine aktive Rolle spielen. Wollen als „Selbstautor“einen positiven Unterschied in der Welt machen – und das aus innerer Überzeugung, ausgestattet mit einem inneren Nordstern, als authentischer Leader von morgen.

Das Wort „Selbst-Autorenschaft“ stammt wesentlich von dem Harvard-Psychologen Robert Kegan, der sich seit über 40 Jahren auf die Selbstentwicklung der Erwachsenen konzentriert (Vertical- Adult Development).  Er meint damit die Einstellung: Ich übernehme Verantwortung für mich, ich schreibe meine eigene Geschichte jeden Tag wieder. Ich bin Autor meines Lebens. Das ist ein natürlicher (aber sehr fortgeschrittener) Bewusstseinssprung in der menschlichen Entwicklung und Reife, an dessen Schwellen viele Führungskräfte und ihre Teams stehen.

Dieser Sprung von „Achiever“ zu „Selbst-Autorenschaft” ist DER entscheidende Mindshift. Vorher regiert und die Orientierung am Außen: Ich erreiche die Ziele anderer, ich passe mich der äußeren Welt an. Aber danach leitete uns das Innen: „Ich orientiere mich an meine eigenen Werten, meinem inneren Nordstern“.

Man nennt das auch den Subjekt-Objekt-Shift: Vorher ist mein Ego, mein Ich, so wie es eben ist. (Subjekt). Aber nachher ist der Zustand ein ganz anderer: Ich gestalte es als Objekt, es ist ein offenes Werden, eine Reise zu immer mehr Authentizität. Diese innere Reife, Selbstreflexion und Arbeit an sich selbst sind überhaupt die Grundlage für echte dezentrale Eigenverantwortung, für inneres Ownership von jeglichen Rollen und Projekten, für authentisches Leadership im Wandel. Und genau das wird heute überall „agil“ gefordert. Doch wenn jemand keinen inneren Halt hat, wird er oder sie eben schwer Eigenverantwortung übernehmen oder ein gefestigter Leader im Wandel sein können. Sondern immer denken: Entscheide du für mich, sag mir was richtig ist. Oder: Authentisch ist für mich, was gerade cool ist und wofür ich meine „Likes“ im Leben bekomme. 

Nur wer in sich ruht, wer eine echte Beziehung zu sich hat, kann auch im Wandel äußere Strukturen und alte Autoritäten loslassen und sich neue, sinnvollere suchen. Weil er an dem Veralteten nicht mehr hängt. (Man ist ja in Organigrammen an anderen aufgehängt :-)) Das ist die Basis für transformative Führung.

Die Realität ist aber oft eine andere: Wir sind auf Autopilot und agieren als Reiz-Reaktions-Maschinen.

Wir befinden uns heute viel zu oft in Reizen (100 Mails, SoMe, Netflix,…) und in Anspannung (30 Projekte gleichzeitig, acht Zoom-Meetings pro Tag, hohe Ziele). Wir stehen unter Druck, der von außen kommt. Selbst im Top-Management sehen wir uns als „Achiever“, die von außen gesetzte Ziele erreichen müssen und nicht von innen heraus können.

So ist unser Fokus nur nach außen gerichtet und unser Nervensystem im so genannten sympathischen Kampfmodus (Kampf, Flucht, Unterordnung) aktiviert. Der sympathische Strang unseres Nervensystems aktiviert uns, er macht uns wach und aufmerksam und gibt uns Adrenalin. Damit können wir Gefahren abwehren oder im Außen etwas zu erreichen (Erfolg, Ziele, Überleben).

Transformation passiert so natürlich nicht.  Denn unser evolutionäres Nervensystem lässt Offenheit, Reflexion nur dann zu, wenn wir uns sicher fühlen, Energie haben und uns mentale Zeit dafür nehmen. Übrigens: Wirklich lernen tun wir im Schlaf, wenn wir das Erlebte im Tief- oder REM-Schlaf körperlich wie geistig neu verdrahten. Also brauchen wir mehr Zeit für Schlaf (7-8 Stunden) oder Zeit für sich selbst unter der Woche, früh und abends, am Wochenende, vierteljährlich und jährlich, um an uns und mit uns zu arbeiten und ein echtes Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Das klingt banal, ist es aber nicht. Denn seien wir ehrlich, bei den meisten gilt das Gegenteil: Die Welt hat mich in der Hand. Ich laufe den Aufgaben und Pflichten hinterher. Ich versuche mit Mühe, alle Anforderungen zu erfüllen. Eine Studie der Unternehmensberatung Mercer kam zu dem Schluss, dass 81 Prozent der Angestellten in den USA mit Burnout oder ähnlichen psychischen Problemen zu tun haben. Zwei Drittel haben gesagt, dass ihre Arbeitskraft dadurch beeinträchtigt ist.

Wer seine wahren Kräfte entfalten will, darf nicht hinterherlaufen, nicht immer nur gerade so alles erledigt bekommen, nicht immer nur auf dem letzten Loch pfeifen. Wir wollen vorn auf der Welle surfen, nicht hinter ihr untergehen.

Der Frei-Raum der „Souveränität“

Damit das gelingt, etablieren wir ein inneres System, einen Freiraum von Souveränität, das zwischen Reiz und Reaktion geschaltet wird. Denn genau das fehlt im Alltag meist. Ein Außenreiz kommt, etwa Kritik, oder schlechte Laune beim Chef, und sofort ist bei uns die innere Reaktion da: Ärger. Beklemmung. Manchmal Wut. Ein Beispiel: Ein Kollege wälzt in der Konferenz eine viel zu große Aufgabe auf mich ab. Ich reagiere unwillkürlich sofort gereizt, beleidigt, werde entweder laut oder gehe in den Rückzug nach innen. Den Job erledige ich später widerwillig und uninspiriert. Das passiert alles wie automatisch, als sei es gar nicht ganz bewusst.

Ist es auch nicht – um es wirklich bewusst zu machen, brauche ich eben den inneren Raum zwischen Reiz und Reaktion. So dass aus einer Autopilot-Reaktion eine bewusste Antwort wird. Welche ich auch dann ver-antworte.

Dieser Freiraum besteht in der natürlichen Abfolge, wie äußere Reize in uns verarbeitet werden. Es sind gleichzeitig die Stellhebel für bewusste Entwicklung und Selbstautorenschaft. Ich erkläre sie im Transformation Code genau. In der Kürze, die hier möglich ist,

  1. Wahrnehmung: Zuerst kann ich bewusst Wahrnehmen und all meine Sinne schärfen. Sie sind der Zugang zum Leben. Wer wenig nichts spürt und sieht, kann per se nur grob schablonenartig agieren.
  2. Der innere Energiezustand: Es macht einen Riesenunterschied, ob ich Energie habe oder ausgelaugt bin. Entweder reagiere ich auf ein Feedback mürrisch und verschlossen oder ich kann es gut aufgeladen annehmen. Bin ich wach oder müde, offen oder verschlossen?
  3. Die Emotion, das Fühlen: Habe ich überhaupt Zugang dazu? Kann ich äußere Reize gut einordnen? Kann ich klar spüren, welche Gefühle sie in mir auslösen? Kann ich vielleicht sogar mich selbst bewusst regulieren, um als Leader mit der E-motion als „Energy in Motion“ wirksam zu spielen?
  4. Das Mindset: Eine Reaktion z.B. auf eine Frau im Management hängt auch von meiner Einstellung („gleichwertig“) und Herkunft (Kultur, Religion) ab. Und auch davon, ob ich weiß, dass die Überzeugungen eher selbstgemacht sind. Und daher auch veränderbar sind. Für mich der powervollste Schlüssel zum persönlichen Wachstum, neben Bodywork.
  5. Das Denken: Erst nach dem Mindset kommen bewusste Landkarten und Modelle des Denkens ins Spiel. Kenne ich sie überhaupt, kann ich sie beliebig situativ durchspielen. Kenne ich meine eigenen Verzerrungen? Es geht um die Biases, die Daumenregeln, nach denen ich schnell entscheide. (Etwa: Digital ist immer besser als analog, die Mehrheit hat Recht, Deutschland ist moralisch besser und überlegen.)
  6. Action: Kann ich dann klar und konzentriert eine Handlung setzen oder eben dem Reiz bewusst ohne Angst antworten. Oder als Leader mein role model vorleben.
  7. Führung: Erst an siebenter Stelle im Raum der Souveränität kann ich durch Führung der Energie wirksam eine Richtung geben, imdem ich Feedback gebe, Nachfragen stelle, Entscheidungen ermögliche, oder eine Geschichte des Wandels erzähle.
  8. Wirkung: Hier stellt sich dann mein Impact von mir ein. Nicht nur im Job. Auch über Familie, Freunde, Kollegen, Organisation, Gesellschaft und die Welt.

An allen acht Punkten können wir arbeiten. Das sind die Hebel, an denen wir wachsen können, wir die Welt aus den Angeln heben. Wir können so beginnend mit innerer Arbeit den Raum der Souveränität Schritt für Schritt erweitern und immer mehr unserer Geschichte eigenen Sinn geben. Wir können einen Unterschied in der Welt machen. Es beginnt nicht im Kultur- oder Leadership-Workshop, sondern bei einem Selbst. Im Körper, über die Emotion, das Mindset ins klare Handeln. Dann erst kann ich über Führung anderer nachdenken.

Manchmal missverstehen Menschen (hauptsächlich in Deutschland) meine Idee und sagen zu mir: „Das ist doch alles nur Selbstoptimierung.“ Stimmt das? Sind wir jetzt alle Selbstoptimierer? Nein! Es geht nicht darum, ein immer besser geöltes Zahnrad in einer großen Maschine zu werden. Frage dich: Arbeitest Du gegen Deine menschliche Natur oder mit ihr? Denn arbeiten tun wir alle. Die Abläufe, die uns oft genug quälen, laufen doch sowieso schon ab. Ich rege nur dazu an, sie jetzt in die Hand zu nehmen und bewusst zu steuern und sinnvoll zu verändern.

Frage Dich selbst:

Ist Dein Modus noch “Survive”? – Ersetze das durch: Thrive!

Bist Du noch ein Opfer der Verhältnisse? – Werde zur Selbstautorin!

Fühlst Du Dich wie tot, bis Du already dead? – Lerne, ein Live-Player zu sein!

Natürlich geht das alles nicht von heute auf morgen. Vor den Erfolg haben die Götter das Training gesetzt. Aber wer sich auf den Weg macht, wird vom ersten Tag an beflügelt sein. Denn die neuen Verbindungen im Gehirn entstehen zwar nur nach und nach. Aber dabei gilt die alte Weisheit: Der Weg ist das Ziel. Denn dieser Weg macht Freude. Denn im Überwinden eigener Grenzen sind wir im Flow. Wir fühlen uns gut und sind ganz im Moment und meistern die Situation.

Wenn Du nicht weißt, wie Du anfangen sollst, gebe ich Dir jetzt drei Ratschläge mit. Erstens, hol Dir die Kontrolle über Deinen Kalender zurück. Schmeiß Unnötiges raus und reserviere Zeit für Dich – das geht immer, egal ob Du CEO bist oder Berufseinsteiger. Das weiß ich, weil wir es oft probiert haben und großen Erfolg damit hatten.  Zweitens, setz Deine Atmung bewusst ein. Sie ist die erste und wichtigste Technik der Selbstregulierung. (Zwei Tricks mit Anleitung siehe unten bei “Practices”.) Drittens, bring Deinen Schlaf in Ordnung. Wer müde ist, wird niemals Berge versetzen. Wenn Du Hilfe dabei brauchst, buche ein Training bei uns. Aber anfangen kannst Du auch jetzt schon, heute noch, sofort.

Euer Achim